Studiopraxis:
Heutzutage stammen die Schlagzeugspuren in Studioproduktionen zum größten Teil aus dem Sampler. Selbst mit kleinem Speicherausbau lassen sich die kurzen Drum-Samples laden, komfortabel auf einer MIDI-Tastatur anordnen und dann in Echtzeit einspielen oder im Editor des Sequenzers programmieren. Für den amtlichen Sound sorgen amtliche Samples, per CD-ROM gelangen selbst Bob Clearmountain's Drums in jedes Studio. Dennoch entsteht häufig der Wunsch nach mehr: Ein echtes Drumset mit einem echten Drummer klingt einfach lebendiger, und wer den Samplerklang zu steril empfindet, sollte es ruhig einmal mit der Aufnahme eines Akustik-Kits versuchen. Neben den Grundlagen sind hier auch einige Geheimtips von Thomas Sandmann zu finden, der bereits in den 80er Jahren Aufsehen durch seine transparenten und innovativen Schlagzeugaufnahmen erregte. Grundlagen Bevor es aber an die Mikrofonierung geht, muß erstmal das Drumset selbst perfekt klingen. Ordendlich gestimmte Trommeln gehören ebenso dazu wie die richtige Dämpfung. Im Vergleich zum Live-Einsatz schadet es im Studio nicht, lieber zu viel als zu wenig zu dämpfen. Durch die Aufstellung der Mikrofone möglichst dicht an den Trommeln, durch Wahl der richtigen Mikrofone und durch den geschickten Einsatz von Gates wird dann die Aufnahme angegangen. Bassdrum |
Klassiker ist das AKG D112, das vielen Toningenieuren aber zu stark dröhnt. Eine interessante Alternative ist das neue e602 aus der Evolution-Serie von Sennheiser. Sehr wichtig ist auch die Anordnung des Mikrofons, dessen Position den "Kick"-Anteil erheblich beeinflußt. |
"Wer kein Problem mit dem Übersprechen hat und die Bassdrum einzeln aufnimmt, sollte auch einmal mit Druckempfängern statt Druckgradientenempfängern experimentieren", sagt Thomas Sandmann, der für die Aufnahme klassischer Pauken in einem Orchester gerne Schoeps-Kugeln einsetzt. "Solche Erfahrungen lassen sich durchaus auf Pop-Drums übertragen." Snare |
Da ein Mikrofon von oben und eines von unten abnimmt, ist bei zweiterem der Phase-Reverse-Schalter des Mischerkanals zu aktivieren. Außerdem ist es wichtig, den Abstand der Mikrofone zur Vermeidung von Auslöschungen exakt zu justieren. |
"Ein Routing der beiden Kanäle auf einen Korrelationsgradmesser kann beim Einstellen sehr hilfreich sein", plaudert Sandmann aus dem Nähkästchen. HiHat und Becken Auch die Becken sind sehr obertonreich und fordern ein gutes Kondensatormikrofon. Ihre Einzelabnahme hat jedoch mit Problemen zu kämpfen: Beim Anschlag bewegt sich das Becken, wodurch sich der Mikrofonabstand und damit die Lautstärke verändert. Rückt man das Mikrofon zur Kuppe des Beckens, macht sich die Bewegung weniger bemerkbar, allerdings entfaltet das Becken an dieser Stelle nicht sein volles Frequenzspektrum. Dennoch ist eine nachträgliche Klangformung eines so gewonnenen Mikrofonsignals oft besser als ein am Rand platziertes Mikrofon mit Lautstärkeschwankungen. Eine weitere Alternative wäre ein Overhead-Mikrofonpaar über dem Schlagzeug zur Stereo-Aufnahme aller Becken gemeinsam. Toms Gating Overhead |
Als Mikrofone kommen solche Modelle zum Einsatz, die man auch für die klassischen Hauptmikrofonverfahren einsetzen würde, beispielsweise die Kleinmembran-Kondensatormikrofone KM 184 von Neumann. "Wie bei Aufnahmen mit den Hauptmikrofonverfahren ist auch bei der Overhead-Abnahme ein Kompromiß zwischen genügendem Laufzeit-Anteil und ausreichender Monokompatibilität zu schaffen", erklärt Sandmann. "Reine Intensitätsstereophonie klingt langweilig, aber ein AB-Verfahren verursacht meistens Probleme mit dem Korrelationsgrad. Außerdem ist unbedingt auf die Becken zu achten. Diese sind im Overhead-Signal meist sehr laut vertreten und kollidieren mit einer eventuellen Einzelabnahme." |
Raumakustik |
"Enorme Möglichkeiten eröffnet ein Reflektor über dem Schlagzeug, der auf einer waagerechten Achse drehbar angebracht ist", erklärt Sandmann. |
"Mit einer akustisch harten Wand hinter dem Drumset und einem schräg nach oben vorn gerichteten Reflektor ergibt sich eine Art Exponentialhorn, in dem das Drumset steht. Ein vor dem Kit aufgebautes Paar Overheads nimmt so einen wesentlich druckvolleren, härteren und aggresiveren Sound auf. Umgekehrt bewirkt ein nach hinten auf eine dämpfende Wand gerichteter Deckenreflektor eine verhaltenere, weichere Aufnahme." Sample-Drums |