Monokompatibilität

Der Spuk im Studio

Bei einer Musikproduktion ist stets darauf zu achten, daß der Mix auch in Mono gut klingt. Warum das so ist und worauf man genau achten muß, soll im folgenden erklärt werden.


Wo liegt das Problem?
Um die Instrumente im Stereopanorama zu orten, wertet das Ohr zwischen den beiden Kanälen nicht nur Unterschiede in der Lautstärke aus. Viel realistischere Raumeindrücke entstehen durch Laufzeitunterschiede. Auf der Seite, von der die Wellenfront zuerst einfällt, ortet das Gehör ein Schallereignis (Haas-Effekt). Bei näherer Betrachtung des Hörens in der Natur wird der Grund klar: Die Schallwelle muß bis zum abgewandten Ohr eine größere Entfernung zurücklegen und trifft daher später ein. Moderne Hallgeräte, Stereo-Basisverbreiterer oder Modulationseffekte nutzen diesen psychoakustischen Effekt gern, da der Eindruck hervorragend ist.
Technisch äußert sich die Verzögerung als Phasenverschiebung zwischen den Kanälen. Ist diese Phasenverschiebung zu groß, löschen sich die Signale bei Mono-Wiedergabe aus, da positive und negative Halbwellen der Schwingungen aufeinanderfallen und als Monosumme Null ergeben. Das Dramatische daran ist, daß diese Auslöschungen auch noch bei jedem Instrument anders sind und damit den gesamten Mix verschieben. Wenn man den in Stereo gut klingenden Mix in Mono hört, sind plötzlich Instrumente zu leise, oder der Hall fehlt.

Na und?
Vielleicht werdet Ihr Euch fragen, wer heute überhaupt noch Mono hört? Es sind mehr Leute, als Ihr glaubt: Millionen von Küchenradios, Mono-Fernsehern und Uralt-Cassettenrecordern stehen den modernen Geräten gegenüber und übertreffen diese in ihrer Anzahl. Aber selbst dann, wenn Ihr Techno produziert, Euer Track auf Vinyl gepreßt werden soll und vielleicht nie im Radio zu hören sein wird, ist Monokompatibilität wichtig für Euch. Der Schneidstichel und auch das Wiedergabesystem müßten nämlich bei gegenphasigen Signalen vertikale Bewegungen ausführen. Volle Gegenphasen, vor allem im Baßbereich, können von einer Vinylplatte nicht wiedergegeben werden. Und auch der Rundfunk hat Probleme bei der Stereomatrizierung. Im gegenphasigen Bereich verengt sich zunächst das Klangbild eines FM-Senders, und bei weiterer Überschreitung verkleinert sich die Reichweite des Senders.

Was tun?
Um Probleme dieser Art zu vermeiden, solltet Ihr bei jeder Produktion zwischendurch immer wieder die Mono-Taste Eures Mischers drücken und hören, ob noch alles stimmt. Wenn sich Auslöschungen ergeben, hilft oft die bewußte Einschränkung der Stereobreite mit den Panorama-Reglern oder die Wahl anderer Effekte. Vorsicht ist stets geboten bei extrem breiten Hallfahnen, allzu wilden Modulationseffekten, Chorus jeder Art sowie speziellen Basisverbreiterern. Hier sollte man besonders oft den Mono-Sound checken. Auch bei Aufnahmen mit mehreren Mikrofonen können sich durch Laufzeitunterschiede Auslöschungen ergeben. Eine Korrektur der Mikrofonposition (oft nur wenige cm) kann Wunder wirken. Wenn die Auslöschung sehr deutlich ist (starke Gegenphase), bringt der Phase Reverse Schalter des Mischpultes Abhilfe per Tastendruck.

Korrelationsgradmesser
Wer nicht immer die Mono-Taste drücken möchte oder auch dann gewarnt werden will, wenn er gerade einmal nicht an Mono-Probleme denkt, sollte sich einen Korrelationsgradmesser anschaffen. Der Korrelationsgrad ist ein Maß für die Monokompatibilität. Dieser Wert wird gemessen und auf einer LED-Kette angezeigt. Sobald diese in den roten Bereich ausschlägt, ist etwas nicht in Ordnung. Auch auf einem Zweistrahl-Oszilloskop im XY-Betrieb kann man mit etwas Übung den Korrelationsgrad ablesen. Ein Monosignal ergibt einen senkrechten Strich, ein Stereosignal mit korrekter Phase ein kreisförmiges Bild, und bei zu starker Gegenphase entsteht ein horizontal gerichtetes Ei. Da diese Darstellung recht komfortabel ist, gibt es auch sogenannte Stereosichtgeräte, die im Gegensatz zum normalen Oszilloskop speziell für den Anschluß im Studio ausgelegt sind.


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